Normalerweise endet die Orchideensaison bei Naturfotografen Ende Juni mit den letzten Blüten der Ophrys- und
Orchisarten. Die im Hochsommer blühenden Stendel-wurzarten sind durch ihre dunklen Standorte – oftmals im Nadelwald – sowie etwas der gageligen Form nicht unbedingt ein Fotohit und werden daher
seltener gezeigt. In den letzten Wochen war ich mit Foto-freund Sebastian an verschiedenen Plätzen in
Thüringen unterwegs um diese
spannende Gruppe etwas mehr ins Licht zu
rücken.
Thüringen gehört mit den gut 50 Orchideenarten eh schon zu den Orchideenparadiesen Deutschlands. Aber gerade bei den Stendelwurzarten ist Thüringen ein Schmelztiegel unterschiedlicher Formen und Farben. Mit dem Greuter Sitter wurde in den 80er Jahren sogar eine neue Stendelwurzart für Deutschland entdeckt. Heute blüht sie nur noch an 2 Standorten in Thüringen in wenigen Exemplaren, wenige weitere Exemplare wurden 2008 in Bayern und der Fränkischen Alb entdeckt.
Greuters Stendelwurz (Epipactis greuteri)
Diese äußerst große Rarität hybridisiert auch mit dem häufigsten Sitter, der Breitblättrigen Stendelwurz (Epipactis helleborine).
Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine)
Bergform der Breitblättrigen Stendelwurz
Müllers Stendelwurz (Epipactis muelleri)
Violette Stendelwurz (Epipactis purpurata)
Diese Art gehört sicher zu meinen Favoriten unter den Stendelwurzen. Sie ist meist nur lokal vorkommend im Buchenwald anzutreffen.
Kurzblättrige Stendelwurz (Epipactis distans)
In Thüringen eine nur sehr lokal und selten vorkommende Art. Hier steht sie auf einer künstlich angelegten Dolomithalde auf Muschelkalk.
Bestäubt werden diese Sitterarten gerne von Wespen. Hier Pollenpakete auf einer Wespe an E. distans.
Übersehene Stendelwurz (Epipactis neglecta)
Wenn man diese Art im Buchenwald sucht, kann man verstehen weshalb sie als Übersehene Stendelwurz bezeichnet wird. Sie ist aber auch schwierig von der Schmallippigen Art zu unterscheiden.
Schmallippige Stendelwurz (Epipactis leptochila)
Ganz nebenbei konnte ich vor drei Tagen auch noch das blühende Netzblatt finden, ebenfalls eine typische Sommerart unter den Orchideen, leider recht selten und nur schwer zu entdecken.
Ich hoffe der kleine Ausflug in den Orchideensommer Thüringens hat gefallen. Vielleicht wird der Ein oder Andere in Zukunft ja auch diese interessante Gruppe am Wegesrand mehr Aufmerksamkeit schenken.
Besonderen Dank an Sebastian Brandt für die vielen schönen Orchideenstunden in Thüringen und Herrn Feldmann und Herrn Streisel für die fachliche Begleitung bei einzelnen Touren. Ohne den persönlichen Einsatz der AHO-Mitglieder wären manche Standorte heute entweder nicht bekannt oder schon längst wieder verschollen.
Wolfgang Hock