Der Feldhamster gehört heute zu den am stärksten bedrohten Säugetierarten Europas. Dabei galt er noch vor wenigen Jahrzehnten als Ernteschädling, die Felle als lukrative Erwerbsquelle. Zu Hunderttausenden wurden sie auf den Feldern in Thüringen und Sachsen-Anhalt gefangen. Die Ursachen für den dramatischen Rückgang sind vielschichtig, fast ohnmächtig müssen wir das Aussterben der wohl buntesten und schönsten Säugetierart vor unseren Augen verfolgen.
In einigen Bundesländern (Sachsen, NRW) wird versucht, über Erhaltungszuchten diese Tierart zu retten. Neben den normal bunten Feldhamstern gibt es in Deutschland verschiedene Farbmorphen, die meist in Einzelexemplaren und äußert selten auftreten (Albinismus, Leuzismus).
Nur In Thüringen gibt es eine schwarze Farbmorphe des Feldhamsters, die auch als melanistische Hamster bezeichnet werden. Die Tiere sind nicht gänzlich schwarz. Schnauze, Kinn und die Vorder- und Hinterpfoten sind weiß gefärbt, manchmal gibt es auch einen weißen Brustfleck. Ebenso sind im schwarzen Fell einzelne weiße Haare zu erkennen. Die schwarze Form ist erblich bedingt und wird dominant vererbt.
Thüringen hat daher eine besondere Verantwortung für den schwarzen Feldhamster. Nur hier kommt diese Farbmorphe in Deutschland vor.
Zimmermann (1969) hatte zuletzt die Verbreitung der schwarzen Feldhamster für Thüringen in einer Karte umfassend dargestellt. Durch Fellaufkäufe von mehr als 10000 Stück im Jahr konnte gut der Anteil der schwarzen Hamster prozentual ermittelt werden. Auch in guten Hamsterjahren nach der Jahrtausendwende konnten noch überfahrene Feldhamster auf Straßen nach schwarzen und bunten Hamstern gezählt werden (mfl. Mitteil. Ernst Schmidt, Sömmerda).
Heute sind solche „Bestandsaufnahmen“ illusorisch, überhaupt einmal einen Feldhamster in der freien Wildbahn anzutreffen, gleicht eher einem Sechser im Lotto.
Schwarze Feldhamster konnte ich bisher südlich von Erfurt (Alach - Bindersleben) nicht finden. Es treten hier wohl sogenannte „Schwärzlinge“ auf, also Hamster, die dunkler gezeichnet sind.
Auf der Untersuchungsfläche in Großfahner konnte ich dieses Jahr ein Feld-hamsterweibchen mit starker Augenverletzung beobachten (Bild oben). Zwei Jungtiere waren hier zu finden, jeweils 1 buntes und ein schwarzes Jungtier. Das schwarze Jungtier musste also heterozygot bezüglich der Ausbildung des Merkmals schwarz gewesen sein. Zimmermann nimmt Bezug auf eine Beobachtung von Petzsch, dass heterozygote Tiere im Gegenlicht an einem fuchsroten Glanz zu erkennen sein könnten. Selber überprüfte er die These an Bälgen schwarzer Hamster. Dieser fuchsrote Schimmer lässt sich im Gegenlicht des heterozygoten Tieres sehr gut erkennen (Bild unten).
In Thüringen gibt es aktuell keine quantitative Erfassung der Vorkommen von schwarzen Hamstern. Die Kartierung von Bauen zeigt lediglich das Vorkommen von Feldhamstern an, gibt aber keine Auskunft über die Anzahl der Feldhamster bzw. dem Anteil der Schwarzen Feldhamster.
Im Jahr 2022 habe ich daher versucht, auf einer 3 Hektar großen Feldhamsterschutzfläche bei Großfahner (Landkreis Gotha) eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. Für die Erfassung wurden 5 Wildkameras, 3 Gopros und digitale Film- und Fotokameras von Mai bis Anfang Oktober zur Dokumentation eingesetzt. Diese Erfassungsmethode erlaubte es auch, die Prädatoren aufzunehmen. Durch diese Technik wurden auch Störungen an den Bauen vermieden.
Die Wildkameras wurden nach 3-4 Tagen an neuen Bauen aufgestellt und die Tiere verglichen. Durch Merkmale wie Augen- und Ohrverletzungen, aber auch Größe konnten die Tiere unterschieden werden.
Insgesamt konnten 28 verschiedene Feldhamster kartiert werden. Davon waren 6 Tiere schwarz.
Die höchste Dichte war auf dem Ackerbohnenfeld zu verzeichnen. Hier wurden auch alle 6 schwarzen Feldhamster festgestellt.
Die Ackerbohnenkultur bietet einen sehr guten Sichtschutz für die Feldhamster, zudem sind sie eine sehr gute Nahrungsquelle. Die Ackerbohnen wurden Mitte August gedroschen. Damit fehlte den Feldhamstern auch die Deckung. Die Zahl der Hamster nahm bis Ende September durch die hohe Zahl an Prädatoren rapide ab. Die extreme Trockenheit von Juni bis Mitte September 2022 sorgte auch für ein Wasserdefizit bei den Feldhamster. An den Bauen wurden die Tiere daher ab Mitte August mit verschiedenen Pflanzen (Mohn, Wegerich, Luzerne, Melde …) versorgt. Bis zum ersten Niederschlag (20.08.) wurde grundsätzlich erst das Grün gefressen oder in den Backen verstaut, dann die bereitgelegten Körner. Nach dem ersten Regen wurden die Pflanzen ignoriert, nur noch Körner gefressen. Der fehlende Niederschlag sorgte auch für einen extrem harten Boden. Selten konnte beobachtet werden, dass vorhandene Baue erweitert oder neu angelegt wurden. Auch gab es im September insgesamt sehr geringe Grabungsaktivitäten. Die Härte des Bodenmaterials konnte ich an meinen Erdspießen feststellen, die nur mit einem Fäustel in den Boden geschlagen werden konnten.
Die Blühstreifen konnten zwar noch Deckung liefern, aber auch hier waren keine grünen Pflanzen mehr zu finden. Im August hat ein Männchen sogar die Blätter einer fast vertrockneten Kratzdistel gefressen.
Die Ergebnisse:
Bilder von selteneren Prädatoren. Die Wildkatze suchte gezielt Hamsterbaue auf und war wie das Mauswiesel mehrfach in einer Nacht an den Bauen aktiv.
Durch die Untersuchungsmethodik konnte die Dynamik der Feldhamster-population sehr gut verfolgt werden. Die Erfassung der Baue hätte zu einem ganz anderen Ergebnis geführt, vor allem hätte auch der Anteil der Schwarzen Feldhamster nicht ermittelt werden können.
Für eine Feldhamsterschutzparzelle ist die Fläche inmitten einer industriellen Agrarlandschaft zu klein. Zwar können sich Feldhamster hier durch die speziellen Maßnahmen gut vermehren, aber die Zahl der Prädatoren ist ebenso groß. Auch sie suchen Nahrung und sammeln sich an diesen Orten, alleine 4 Mausarten konnten neben den Feldhamstern registriert werden. Damit lässt sich u.a. auch die starke Abnahme der Hamster im Spätsommer erklären.
Eine Feldhamsterparzelle sollte daher wesentlich größer sein, auch ist eine Vernetzung der Parzellen anzustreben. Große Feldhamstermaßnahmen in Gebieten, in denen keine Feldhamster mehr vorkommen, sind daher unsinnig. Es ist daher angebracht, die Lebensraumparzellen mit Vorkommen von Feldhamstern zu vergrößern und zu vernetzen. Ebenso sind die meisten Feldhamster-schutzmaßnahmen nicht auf die Biologie der Feldhamster abgestimmt, sondern auf existierende Fördertöpfe. Die zunehmende Bürokratisierung erschwert es manchen kleineren Betrieben überhaupt noch Anträge zu stellen. Es wird damit unlukrativ und die Fördermaßnahmen fließen in große Flächen in denen es keine Hamster mehr gibt. Dieses Thema würde allerdings den Rahmen des Artikels sprengen. Letztendlich kommt es auf uns alle an, regionale Produkte aus biologischem Anbau zu unterstützen.
Danke für die Aufmerksamkeit an diesem Beitrag und vielleicht müssen wir für den Feldhamster in Zukunft doch nicht ganz "Schwarz" sehen.
Ein großes Dankeschön an Niko Scheringer für das Vertrauen und die Unterstützung auf seinem Feldhamsterfeld uneingeschränkt wirken zu dürfen. Neben der hohen Zahl an Prädatorenarten gibt es auf der Feldhamsterschutz-parzelle auch Rebhühner, Feldhasen und Rehe. Wenn man solchen Landwirten, die ein Interesse an der Biodiversität in der Feldflur haben weiter fördern würde, sähe es in unserer Agrarsteppe sicher etwas besser aus.
Ein Dank auch an Rene Sollmann vom Feldhamsterschutz für die Kontakt-herstellung und immer konstruktive Diskussion.
Literatur:
Jaschinsky, S. , Weiß, A. (2022): Vier Jahre Feldhamsterschutz im Thüringer Becken – Rückblick und Ausblick in: Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen 58 (1) S. 31-36
Weinhold, U., Kayser, A. (2006): Der Feldhamster. Die Neue Brem-Bücherei Bd. 625
Zimmermann,W. (1969): Die gegenwärtige Verbreitung melanistischer Hamster (Cricetus cricetus) in Thüringen und Bemerkungen zu deren Morphologie